Eine Immobilie kaufen und plötzlich für die Pflege einer fremden Person verantwortlich sein? Das klingt etwas befremdlich, kann aber Realität werden, wenn im Grundbuch eine sogenannte Reallast eingetragen ist. Dabei handelt es sich um eine Verpflichtung, regelmäßig Geld- oder Sach- oder Pflegeleistungen zu erbringen. Für Käufer bedeutet das: Wer eine Immobilie mit Reallast erwirbt, übernimmt diese Verpflichtung automatisch mit dem Eigentum.
Reallast im Schnelldurchlauf
- Eine Reallast verpflichtet den Eigentümer eines Grundstücks zu regelmäßigen Leistungen, z. B. in Form von Geld, Sachwerten oder sogar Pflege.
- Sie wird in Abteilung 2 des Grundbuchs eingetragen und geht beim Verkauf automatisch auf den Käufer über.
- Reallasten können den Wert einer Immobilie mindern und die Finanzierung erschweren.
- Eine Löschung ist nur mit Zustimmung der begünstigten Person oder nach deren Tod möglich.
- Wer ein Haus mit Reallast übernimmt, sollte wissen, worauf er sich einlässt und ob sich die Verpflichtung gegebenenfalls verhandeln oder ablösen lässt.
Was ist eine Reallast? Einfach erklärt
Die Reallast gehört zu den sogenannten beschränkten dinglichen Rechten und wird in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Sie verpflichtet den Eigentümer eines Grundstücks dazu, wiederkehrende Leistungen an eine bestimmte Person zu erbringen – und zwar dauerhaft oder über einen festgelegten Zeitraum.
In der Praxis kann das ganz unterschiedlich aussehen: Es kann sich sowohl um monatliche Rentenzahlungen als auch um die Lieferung von Brennholz oder aber pflegerische Leistungen handeln.
Der entscheidende Punkt ist: Die Verpflichtung ist rechtlich an das Grundstück gebunden. Wer die Immobilie kauft, übernimmt automatisch auch die Reallast – unabhängig davon, ob sie im Kaufvertrag erwähnt wird. Das macht Reallasten nicht nur für Käufer, sondern auch für Erben und Schenkungsempfänger relevant oder gar risikobehaftet.
Reallast: Definition laut BGB
Laut § 1105 Abs. 1 BGB ist die Reallast „das Recht, von dem Eigentümer eines Grundstücks wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu fordern“. Das bedeutet: Die Reallast belastet das Grundstück rechtlich ähnlich wie eine Hypothek oder eine Grundschuld, jedoch mit anderen Zielen.
Unterschied zwischen Reallast, Nießbrauch, Dienstbarkeit und Grundschuld
Reallasten werden häufig mit anderen Grundbucheinträgen verwechselt. Wichtig zu wissen: Während Dienstbarkeit, Nießbrauch und Wohnrecht vor allem auf Nutzung abzielen, geht es bei der Reallast um Verpflichtungen zu Leistungen.
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Eintrag im Grundbuch |
Bedeutung |
Eintrag im Grundbuch |
Bedeutung |
Reallast |
Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen (z. B. Rentenzahlung, Pflege) |
Nießbrauch |
Nutzungsrecht an einem Grundstück oder einer Immobilie ohne Eigentumserwerb |
Dienstbarkeit |
Recht, ein Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen (z. B. Wegerecht) |
Grundschuld |
Absicherung einer Geldforderung, meist im Rahmen eines Darlehens |
Wohnrecht |
Sonderform der Dienstbarkeit: Recht, eine Immobilie ganz oder teilweise zu bewohnen |
Hinweis: Eine Reallast kann auch bei Grundstücken im Erbbaurecht relevant sein, z. B. wenn der Erbbauberechtigte zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird. Man sollte also neben dem Grundbuch auch die Erbbaurechtsverträge genauestens prüfen, da sich hier ebenfalls Belastungen verstecken können.
Beispiel: Pflegeverpflichtung für ein Elternteil
Ein klassisches Beispiel aus der Praxis: Ein Elternteil überträgt das Eigenheim im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge an ein Kind und sichert sich im Gegenzug eine Reallast, die das Kind zur Pflege verpflichtet. Diese Vereinbarung wird notariell vereinbart, ins Grundbuch eingetragen und gilt auch für künftige Eigentümer. Sollte die Immobilie also später verkauft werden, so muss der neue Eigentümer diese Pflegeverpflichtung übernehmen.
Altenteilsrecht (Leibgeding) – eine Sonderform der Reallast
Das sogenannte Altenteilsrecht, auch Leibgeding genannt, ist eine historische Sonderform der Reallast. Es wurde früher häufig im ländlichen Raum genutzt, wenn Landwirte ihre Höfe an die nächste Generation übergaben. Im Gegenzug sicherten sich die früheren Eigentümer bestimmte lebenslange Wohn- und Versorgungsrechte:
- Pflege und Betreuung durch die neue Eigentümergeneration,
- Versorgung mit Lebensmitteln und Alltagsgütern,
- Nutzung eines bestimmten Wohnbereichs im Haus („Altenteil“) auf Lebenszeit.
Solche Altenteilsrechte finden sich auch heute noch – insbesondere bei älteren Einträgen in ländlichen Regionen.
Welche Arten von Reallasten gibt es?
Grundsätzlich lassen sich Reallasten in drei Hauptgruppen unterteilen:
- Geldleistungen: Zum Beispiel eine monatliche Zahlung in Form einer Leibrente oder regelmäßiger finanzieller Unterstützung. Diese Variante ist am weitesten verbreitet.
- Sachleistungen: Hierzu zählen Naturalien wie eine regelmäßige Lieferung von Holz, Obst oder anderen Gütern, die aus dem Grundstück erwirtschaftet werden oder davon unabhängig erbracht werden müssen.
- Dienstleistungen: In manchen Fällen verpflichtet die Reallast den Eigentümer zu persönlichen Leistungen, etwa zur Pflege einer bestimmten Person, zur Instandhaltung eines Gebäudes oder zur sonstigen Unterstützung im Alltag.
Übertragbare und höchstpersönliche Reallasten
Ein weiterer Unterschied betrifft die Übertragbarkeit:
- Höchstpersönliche (subjektiv-persönliche) Reallast: Beispielsweise eine lebenslange Versorgung einer bestimmten Person; erlischt mit dem Tod des Berechtigten
- Übertragbare/vererbliche (subjektiv-dingliche) Reallast: Etwa Zahlungen an Institution oder Erbengemeinschaft; besteht auch nach Tod des ursprünglichen Begünstigten und geht ggf. auf Erben über.
Warum Reallasten für Käufer problematisch sein können
Sie haben es schon gemerkt: Eine Reallast kann es in sich haben – egal, ob es sich um Geldzahlungen, Sachleistungen oder Versorgung handelt.
Das Problem ist: Sie als Käufer müssen die Verpflichtung so wahrnehmen, wie sie im Grundbuch eingetragen ist. Es gibt keine Möglichkeit zur nachträglichen Einschränkung oder Ablehnung – es sei denn, es gibt klare vertragliche oder gesetzliche Gründe für eine Löschung (dazu weiter unten mehr).
Ansonsten gilt: Wird eine Reallast nicht erfüllt, z. B. weil Sie sich die vereinbarten Leistungen nicht leisten können, dann hat der Begünstigte das Recht, seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Im schlimmsten Fall kann das bis zur Zwangsvollstreckung oder sogar Zwangsversteigerung der Immobilie führen. Wer eine Immobilie mit Reallast übernimmt, sollte sich dieser Tragweite bewusst sein.
Checkliste: Woran Käufer bei Reallasten denken sollten
- Grundbucheintrag prüfen (besonders auf alte oder schwer verständliche Formulierungen)
- Verpflichtungen im Wortlaut lesen: Was genau wird verlangt?
- Laufzeit klären: Handelt es sich um eine befristete oder lebenslange Reallast?
- Verkehrswert und Belastung einschätzen lassen (Gutachter oder Fachanwalt einschalten)
- Möglichkeiten der Ablösung oder Löschung prüfen (vor dem Kauf!)
Reallast berechnen
Die Höhe einer Reallast lässt sich nicht pauschal angeben, sie hängt immer vom Einzelfall ab. Eine klare Berechnungsmethode gibt es jedoch bei finanziellen Leistungen wie einer Leibrente.
Reallasten wirken sich wertmindernd auf eine Immobilie aus. Bei Geldleistungen wird in der Regel der sogenannte Barwert der zukünftigen Zahlungen ermittelt und vom Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks abgezogen. Wichtig ist das vor allem dann, wenn es sich um eine lebenslange Leibrente handelt.
Formel zur Berechnung des Barwerts einer Leibrente:
Barwert = jährliche Rentenzahlung × Leibrentenbarwertfaktor (LBF)
Der Leibrentenbarwertfaktor richtet sich nach:
- dem Alter und Geschlecht der berechtigten Person
- dem Liegenschaftszinssatz (aktuell meist zwischen 2–3 %)
- offiziellen Tabellen, z. B. aus dem Bewertungsgesetz oder dem Bundesanzeiger
Beispielrechnung:
Position |
Wert |
Position |
Wert |
Verkehrswert Grundstück (unbelastet) |
500.000 € |
Jährliche Rentenzahlung |
15.000 € |
Alter des Berechtigten |
60 Jahre |
Geschlecht |
männlich |
Liegenschaftszinssatz |
2 % |
Leibrentenbarwertfaktor (LBF) |
17,0596 |
Barwert (Reallast) |
15.000 € × 17,0596 = 255.894 € |
Verkehrswert nach Abzug der Reallast |
500.000 € – 255.894 € = 244.106 € |
Auswirkungen der Reallast auf Grundstück und Immobilie
Wer kaufen oder verkaufen will, sollte wissen: Reallasten drücken den Preis und können die Finanzierung erschweren.
Für den Marktwert einer Immobilie spielt die Reallast eine wichtige Rolle. Sie gilt als Belastung, weil sie den neuen Eigentümer zu Leistungen verpflichtet – unabhängig davon, ob er diese erbringen will oder kann. Die Folge: Der Verkehrswert sinkt. Je nach Art und Umfang der Reallast kann der Abschlag mehrere tausend bis zehntausend Euro betragen, insbesondere, wenn es sich um Pflegeverpflichtungen oder lebenslange Zahlungen handelt.
Auch Banken sehen Reallasten kritisch. Für sie zählt nicht nur, was die Immobilie wert ist, sondern was im Fall einer Zwangsversteigerung tatsächlich übrig bleibt. Und da mindert jede Reallast den Beleihungswert, also den Wert, den die Bank als Sicherheit für einen Kredit akzeptiert.
Das wiederum wirkt sich direkt auf die Kreditkonditionen oder die Höhe der Finanzierung aus. Im schlimmsten Fall kann eine Reallast sogar dazu führen, dass die Bank den Kauf ganz ablehnt, z. B. wenn die Zahlungsverpflichtung nicht kalkulierbar ist.
Kann ich eine Immobilie trotz Reallast finanzieren?
Die gute Nachricht: Ja, eine Finanzierung ist grundsätzlich möglich, auch wenn eine Reallast im Grundbuch steht. Die weniger gute: Es kommt auf die Details an. Banken prüfen genau, welche Art von Reallast vorliegt und welche Risiken damit verbunden sind.
Banken unterscheiden unter anderem:
- Monetäre Reallasten (z. B. Leibrente): besser kalkulierbar, oft durch Kapitalwertansätze bewertbar
- Persönliche Leistungen (z. B. Pflege): schwerer zu beziffern, potenziell haftungsträchtig
- Befristet vs. lebenslang: Klare Laufzeiten sind für Banken einfacher zu handhaben
Für die Finanzierung entscheidend ist, ob die Reallast den Beleihungswert zu stark senkt oder die Rückzahlung des Kredits gefährdet.
Welche Sicherheiten akzeptieren Banken bei einer Reallast?
Um das erhöhte Risiko abzufedern, fordern Banken bei Immobilien mit Reallast oft:
- Höheres Eigenkapital
- Zweitbesicherungen (z. B. weitere Immobilien, Bürgschaften)
- Längere Tilgungszeiten oder
- Individuelle Sondervereinbarungen, die das Risiko auf Seiten des Kreditnehmers absichern
Erfahrene Finanzierungsberater können helfen, alle Unterlagen gezielt aufzubereiten und die Reallast im Rahmen der Finanzierung sauber einzuordnen.
So erkennen Sie eine Reallast vor dem Kauf
Wenn Sie eine Immobilie im Auge haben, dann studieren Sie unbedingt vor dem Kauf das Grundbuch. Denn dort kann sich eine Reallast verbergen, die den Wert Ihres zukünftigen Hauses mindert oder aber Ihren Alltag auf den Kopf stellen kann. Um herauszufinden, ob ein Grundstück belastet ist, genügt es nicht, nur den Kaufvertrag zu lesen!
Reallasten stehen in der Abteilung 2 des Grundbuchs – dort, wo sogenannte „Lasten und Beschränkungen“ eingetragen werden.
Aber wie kommt man da ran? Nun, als Kaufinteressent haben Sie ein berechtigtes Interesse. Das reicht aus, um über den Makler oder Verkäufer Einsicht zu bekommen. Häufig übernimmt auch der Notar die Einsichtnahme und bespricht die Einträge mit Ihnen im Rahmen des Kaufprozesses.
Warnzeichen: Diese Formulierungen im Grundbuch sollten Sie stutzig machen
Eigentlich sind Reallasten recht einfach zu erkennen. Achten Sie im Grundbuchauszug auf Formulierungen wie:
- „verpflichtet zu wiederkehrenden Leistungen“
- „verpflichtet zur Pflege von…“
- „verpflichtet zur Zahlung einer monatlichen Rente“
- „Altenteilsrecht zugunsten von…“
Solche Einträge sind kein Formalismus, sondern ziehen Konsequenzen nach sich. Deshalb: Unklarheiten nie einfach abnicken, sondern lieber zweimal nachfragen.
Was tun, wenn eine Reallast im Grundbuch steht?
Sie haben Ihr Traumhaus gefunden, aber beim Blick ins Grundbuch stolpern Sie über eine Reallast? Keine Panik, vielleicht lässt sich die Situation auch klären.
Reallast aus dem Grundbuch löschen
Tatsächlich kann eine Reallast unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Grundbuch gelöscht werden. Dafür braucht es jedoch die Zustimmung des Reallastberechtigten, also der begünstigten Person.
Für das Prozedere benötigt man einen Notar. Dieser kann die Löschung beim Grundbuchamt beantragen, sobald der Berechtigte die Löschungsbewilligung unterschrieben hat.
Wer trägt die Kosten für die Löschung der Reallast?
Die Notar- und Grundbuchgebühren trägt derjenige, der ein wirtschaftliches Interesse an der Löschung hat. In der Regel ist das der Käufer. Wenn im Kaufvertrag nichts anderes geregelt ist, bleiben Sie also als Käufer auf diesen Kosten sitzen. Daher lohnt es sich, Löschungskosten und Zuständigkeiten vorab vertraglich zu klären.
Eine Reallast kann automatisch erlöschen
In manchen Fällen erlischt die Reallast automatisch, etwa wenn der Berechtigte verstirbt oder eine befristete Leistungspflicht endet. Achtung, auch in diesem Fall ist ein Antrag auf Löschung nötig. Allerdings genügt hier oft ein Nachweis, z. B. eine Sterbeurkunde oder ein Ablaufvermerk.
Je nach Grundbuchamt kann die Löschung einige Wochen dauern. Planen Sie diese Zeit beim Immobilienkauf mit ein.
Verhandlungsmasse: Reallast im Preis berücksichtigen
Ist eine Löschung nicht möglich, bleibt immer noch der Weg über den Kaufpreis: Eine bestehende Reallast wirkt sich wertmindernd aus und das lässt sich im Preis verhandeln. Auch die Reallast selbst kann in Einzelfällen neu verhandelt, abgelöst oder vertraglich angepasst werden, z. B. durch eine einmalige Abfindungszahlung.
Unser Tipp: Kaufen Sie niemals eine Immobilie mit Reallast ohne professionelle Beratung durch Experten. Fachanwälte für Immobilienrecht und Steuerberater können einschätzen, ob die Reallast tragbar, verhandelbar oder ein echtes Risiko ist.
Reallast bei Schenkung oder Erbschaft – was Erbnehmer wissen müssen
Ein Haus geschenkt zu bekommen oder zu erben klingt erst einmal nach einem echten Glücksfall. Doch was gut gemeint ist, kann schnell zur Belastung werden, wenn z. B. eine Reallast mit im Spiel ist.
Ein häufiges Modell: Eltern schenken ihren Kindern das Haus – oft zu Lebzeiten, als sogenannte vorweggenommene Erbfolge. Im Gegenzug sichern sie sich eine Reallast, beispielsweise eine monatliche Rente oder das Recht auf Pflege und Versorgung im Alter. Solange alles funktioniert, ist das ein fairer Deal.
Doch was passiert, wenn die Eltern pflegebedürftig werden und das Kind selbst überfordert ist? Oder wenn das Haus später verkauft werden soll, die Reallast aber den Verkaufspreis drückt? Viele merken erst dann, wie bindend der Eintrag im Grundbuch wirklich ist.
Was passiert mit der Reallast im Erbfall?
Stirbt der Begünstigte, kann die Reallast erlöschen. Muss aber nicht. Wenn sie übertragbar ist, geht sie auf die Erben des Berechtigten über. Das bedeutet: Die Verpflichtung bleibt bestehen, nur der Empfänger ändert sich. Besonders heikel wird es, wenn die Reallast nicht eindeutig geregelt ist oder keine Frist enthält. Dann bleibt Unsicherheit und es kommt oft zu Streit.
Was tun bei Streitigkeiten um die Reallast?
Kommt es zu Konflikten, etwa weil der Eigentümer die Leistung nicht (mehr) erbringen kann oder der Begünstigte mehr fordert als vereinbart, hilft oft nur der Gang zum Anwalt. Bei zweideutigen Formulierungen im Grundbuch oder Streit über Umfang und Dauer der Reallast kann ein Gericht die Verpflichtung auslegen oder ggf. abändern. Dokumentieren Sie alle Vereinbarungen und Leistungen schriftlich, damit Klarheit herrscht.