Sie interessieren sich für ein Grundstück, das ein Wegerecht besitzt oder gewährt? Dann müssen Sie sich über die möglichen Konsequenzen bewusst sein. Denn obwohl das Wegerecht schnell zur Gewohnheit wird, ist es äußerst relevant bei der Entscheidung für ein Grundstück oder Haus.
Wegerecht im Schnelldurchlauf
- Das Wegerecht ist eine Grunddienstbarkeit, die einem Grundstück den Zugang über ein anderes ermöglicht – zu Fuß, mit dem Auto oder im Rahmen eines Notwegs.
- Es bleibt auch beim Eigentümerwechsel bestehen und kann je nach Formulierung Einfluss auf Nutzung, Bebauung und Finanzierung haben.
- Mündliche Absprachen reichen rechtlich nicht aus; ein wirksames Wegerecht braucht eine klare vertragliche Grundlage oder einen Grundbucheintrag.
Das Wegerecht als Grunddienstbarkeit oder als Vereinbarung
Wegerecht bedeutet: Ihr Nachbar darf über Ihr Grundstück gehen oder fahren, obwohl es ihm gar nicht gehört. Das klingt für viele wohl eher unangenehm, ist aber Alltag – vor allem dort, wo Grundstücke nicht direkt an der Straße liegen.
Juristisch handelt es sich dabei um eine sogenannte Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB, die dauerhaft im Grundbuch des belasteten Grundstücks eingetragen ist. Das Besondere an diesem sogenannten dinglichen Wegerecht: Es ist nicht an eine bestimmte Person gebunden, sondern an das Grundstück selbst und bleibt auch dann bestehen, wenn das Grundstück verkauft wird.
Daneben gibt es auch das schuldrechtliche Wegerecht. Dieses entsteht durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Nachbarn und gilt nur zwischen den jeweiligen Vertragspartnern. Es wird nicht im Grundbuch eingetragen und erlischt, wenn das Grundstück verkauft wird oder der Vertragspartner wechselt. Das schuldrechtliche Wegerecht bietet daher weniger Rechtssicherheit und Bestandsschutz als die Grunddienstbarkeit.
Was sind Grunddienstbarkeiten?
Eine Grunddienstbarkeit ist ein dingliches Nutzungsrecht, das zugunsten eines anderen Grundstücks im Grundbuch eingetragen wird (§ 1018 BGB). Typische Beispiele sind: Wegerecht, Leitungsrecht oder Überbaurecht. Die Dienstbarkeit bleibt auch bei Eigentümerwechsel bestehen und verpflichtet das belastete Grundstück zur Duldung.
Herrschendes vs. dienendes Grundstück: Wann für wen welche Pflichten entstehen
Zunächst ist bei der Grundstückssuche zu bedenken, welchen Part Ihr zukünftiges Zuhause spielt. Je nachdem, ob Sie sich für ein herrschendes oder ein dienendes Grundstück interessieren, haben Sie als Immobilieneigentümer unterschiedliche Rechte und Pflichten.
Das herrschende Grundstück zieht einen Nutzen aus dem Wegerecht. Es handelt sich dabei um das Grundstück, das das Recht hat, einen Weg oder eine Passage eines anderen Grundstücks zu nutzen. Beispielsweise könnte das herrschende Grundstück ein Haus sein, das keinen direkten Zugang zur öffentlichen Straße hat und die Einfahrt eines Nachbarn nutzt.
Das dienende Grundstück unterliegt der Dienstbarkeit und wird zugunsten des herrschenden Grundstücks genutzt. Dabei handelt es sich also um das Grundstück, auf dem der Weg oder die Passage liegt, die vom herrschenden Grundstück genutzt wird. In unserem vorherigen Beispiel wäre das dienende Grundstück dasjenige, auf dem der Pfad oder die Einfahrt liegt, die der Besitzer des herrschenden Grundstücks braucht, um zur öffentlichen Straße bzw. seinem Haus zu gelangen.
Arten der Nutzung: Geh- und Fahrrecht sowie Notwegerecht
Nachdem die Spezifizierung der Grundstücke also geklärt ist, geht es jetzt daran die entsprechende Art der Nutzung zu definieren.
Ein Gehrecht ist eine Form des Wegerechts, das einem Dritten den Zutritt zu einem Grundstück gestattet, um dieses zu Fuß zu überqueren. Dies könnte beispielsweise ein Pfad, ein Weg oder eine Treppe sein, die über ein Privatgrundstück führen.
Das Fahrrecht, oft auch Überfahrtsrecht oder Zufahrtsrecht genannt, erlaubt es, das Wegerecht nicht nur zu Fuß, sondern auch mit einem Fahrzeug zu nutzen. Beispielsweise über einen privaten Weg Zugang zu einer Garage oder einem Parkplatz zu erhalten. Wichtig: Nicht immer ist jedes Fahrzeug erlaubt. Steht im Grundbuch nur „für Pkw“, sind Lkw oder Baustellenfahrzeuge tabu.
Eine spezielle Sonderform des Wegerechts stellt das Notwegerecht dar. Laut § 917 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) berechtigt es Grundstückseigentümern ohne Verbindung zu öffentlichen Straßen, auch ohne ein bis dato vereinbartes Wegerecht dazu, Zugang über Nachbargrundstücke zu fordern, bis ein direkter Weg von ihrem Grundstück zur öffentlichen Straße besteht.
Das Wegerecht: So sieht die Eintragung im Grundbuch aus
Ob ein Wegerecht nur für bestimmte Zwecke gilt, z. B. zur Wohnnutzung, für bestimmte Personen oder Tageszeiten, ist idealerweise genau im Grundbuch beschrieben. Ist dort nichts geregelt, hilft oft nur die Auslegung durch frühere Nutzung oder ein Blick in den ursprünglichen Vertrag.
Zentrale Begriffe im Wegerecht
Begriff |
Definition und rechtliche Relevanz |
Begriff |
Definition und rechtliche Relevanz |
Übermäßige Nutzung |
Nutzung, die über den vereinbarten Umfang hinausgeht (z. B. Gewerbeverkehr). Kann zur Unterlassungsklage führen. |
Erweiterung |
Ausweitung des Wegerechts auf neue Grundstücke oder Nutzungszwecke. Ohne Grundbuchanpassung unzulässig. |
Unzumutbarkeit |
Maßnahmen, die die Wegbenutzung unverhältnismäßig erschweren. Beeinträchtigungen wie schwere Tore oder Versperrungen sind verboten. |
Wegerecht bei Eigentümerwechsel – Bleibt alles wie zuvor?
Falls Sie sich für ein dienendes Grundstück interessieren, sollten Sie den Verkäufer nach allen getroffenen Regelungen bezüglich des Wegerechts fragen. Mündliche Absprachen sind dabei besonders kritisch zu betrachten.
- Wenn das Wegerecht als Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist, bleibt es auch nach einem Eigentümerwechsel bestehen. Es ist dann fest mit dem Grundstück verknüpft – nicht mit dem Besitzer. Wenn Sie also ein dienendes Grundstück kaufen, dann übernehmen Sie automatisch die Pflicht zur Duldung.
- Wegerechte, die auf alten Privatverträgen, mündlichen Absprachen oder einfach auf jahrelanger Gewohnheit beruhen, erlöschen mit dem Besitzerwechsel. Das Wegerecht ist nämlich kein Gewohnheitsrecht. Was der letzte Besitzer mit dem Nachbarn am Gartenzaun abgesprochen hat, gilt nicht automatisch für neue Eigentümer.
Was bedeutet Gewohnheitsrecht?
Als „Gewohnheitsrecht“ wird umgangssprachlich oft eine lange praktizierte Nutzung bezeichnet, z. B. ein Trampelpfad oder ein Weg über Nachbars Grundstück. Juristisch gilt: Ein tatsächliches Gewohnheitsrecht entsteht nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. Dafür braucht es jahrzehntelange allgemeine Anerkennung, fehlende gesetzliche Regelung und keine widersprüchliche Rechtsprechung.
Wegerente und Entschädigung: Was dürfen Eigentümer verlangen?
Wenn Sie als Eigentümer eines dienenden Grundstücks ein Wegerecht dulden müssen, stellt sich schnell die Frage nach einer Entschädigung. Schließlich beeinträchtigt die Nutzung durch Dritte nicht nur Ihre Privatsphäre, sondern kann auch spürbare Kosten verursachen, etwa durch erhöhten Verschleiß, Instandhaltung oder Wertminderung.
Die Entschädigung wird Wegerente genannt. Sie ist gesetzlich nicht genau geregelt, sondern beruht auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien. Wurde das Wegerecht per Vertrag eingeräumt, kann die Wegerente dort direkt festgelegt sein, z. B. als monatlicher oder jährlicher Betrag.
Höhe der Wegerente: Realistische Spannbreite
Es gibt keine pauschale Formel, aber folgende Faktoren beeinflussen die Höhe:
- Art der Nutzung (Fußweg, Fahrweg, Lieferverkehr)
- Häufigkeit der Nutzung
- Lage und Grundstückswert
- Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des Grundstücks
- etwaige Mehrkosten für Instandhaltung, Räumdienst o. Ä.
In der Praxis bewegen sich viele Wegerenten zwischen 50 und 300 Euro im Jahr – je nach Belastung. In Einzelfällen, z. B. bei gewerblicher Nutzung oder in sehr beengten Verhältnissen, kann auch mehr vereinbart werden.
Bei Notwegerecht: Gesetzliche Entschädigungspflicht
Beim Notwegerecht (§ 917 BGB), das ein Grundstück ohne Straßenanschluss über ein Nachbargrundstück führt, besteht eine gesetzliche Pflicht zur Zahlung. Die Höhe ist auch hier Verhandlungssache, im Zweifel entscheidet das Gericht. Wichtig ist, dass dem belasteten Grundstück kein wirtschaftlicher Nachteil entsteht.
Keine Entschädigung ohne Regelung
Wurde ein Wegerecht im Grundbuch vermerkt, aber ohne Regelung zur Entschädigung, kann der Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht automatisch eine Zahlung verlangen. Auch langjährige Nutzung allein rechtfertigt keine rückwirkende Forderung. Deshalb ist es wichtig, schon bei der Eintragung über eine angemessene Regelung zur Wegerente nachzudenken, am besten mit Hilfe eines Notars.
Einfluss auf den Grundstückswert
Dutzende Leute, die täglich durch die eigene Außenanlage laufen, um ein eingeschlossenes Grundstück zu erreichen? Laute Lieferantenfahrzeuge auf der Durchfahrt, die nur einige Meter vom Eigenheim entfernt ist? Solch überspitzte Szenarien sind meist nicht der Fall. Trotzdem sind Grundstücke, die mit einem Wegerecht belastet sind, weniger attraktiv für potenzielle Käufer. Und das spiegelt sich oft auch im Kaufpreis wider. Besonders dann, wenn das Wegerecht erhebliche Einschränkungen für die Nutzung des Grundstücks mit sich bringt.
Ein eingetragenes Wegerecht kann z. B. dazu führen, dass:
- bestimmte Flächen nicht überbaut werden dürfen,
- keine Mauern, Zäune oder Hecken errichtet werden können, weil sie den Zugang behindern würden,
- Zufahrten oder Garagen nicht beliebig platziert werden dürfen.
Gerade bei enger Bebauung oder kleineren Grundstücken können solche Einschränkungen die Nutzbarkeit beeinträchtigen. In manchen Fällen kann das sogar dazu führen, dass ein geplanter Anbau oder Neubau nicht genehmigungsfähig ist.
Auch im Alltag kann ein Wegerecht spürbare Auswirkungen haben: Bei so manchem entsteht ein Gefühl eingeschränkter Kontrolle über das eigene Grundstück. Geräusche, Licht oder Fahrzeugbewegungen können ebenfalls als störend empfunden werden.
Ob ein Wegerecht den Grundstückswert aber tatsächlich mindert, hängt vom Einzelfall ab:
- Leichte Belastungen wie ein seltener genutztes Gehrecht über einen Randstreifen wirken sich kaum aus.
- Intensive Nutzungen, etwa Zufahrtsrechte für mehrere Parteien oder gewerbliche Nutzung, können den Verkehrswert spürbar senken – häufig um 5–20 %, je nach Lage und Einschränkung.
- Gleichzeitig kann ein Wegerecht für das herrschende Grundstück wertsteigernd wirken, da es erst durch das Nutzungsrecht verkehrs- oder erschließungsfähig wird.
Bauherren Achtung! Auswirkungen auf die Immobilienfinanzierung
Für Bauherren ist das Wegerecht besonders relevant, denn dieses kann die Baufinanzierung beeinflussen und möglicherweise zu Zusatzkosten führen. Anbieter von Baufinanzierungen prüfen im Vorfeld den entsprechenden Eintrag im Grundbuch und lassen diese Informationen in die Bewertung und Entscheidung einfließen.
Egal, ob herrschendes oder dienendes Grundstück: Wenn es keinen rechtssicheren Grundbucheintrag zum Wegerecht gibt, kann die Finanzierung ins Wanken geraten. Auch der grundsätzliche Beleihungswert und Sicherheitsabschlag kann vom Wegerecht beeinflusst werden.
Unser Tipp:
Bereits bei der Kaufvorbereitung oder Grundstückssuche sollten Bauherren klären:
- Ist das Wegerecht im Grundbuch eingetragen?
- Ist es ausreichend formuliert (Art der Nutzung, Breite, Mitbenutzung durch Dritte)?
- Welche Auswirkungen hat es auf das geplante Bauvorhaben?
Eine professionelle Baufinanzierungsberatung beantwortet die relevanten Fragen und gibt Ihnen Klarheit darüber, auf was Sie achten müssen.
Auf eigenem Grundstück selbst entscheiden? Beim Wegerecht nur mit Einschränkungen
Das Wegerecht beeinflusst den Zugang und die Infrastruktur eines Grundstücks. In einigen Fällen kann das bedeuten, dass die Zufahrt oder der Weg die Nutzung einschränkt. Wenn Sie dann Pläne schmieden auf dem Grundstück etwas zu bauen oder grundlegend umzugestalten, muss das Wegerecht des Grundstücks bei den Überlegungen integriert werden. Bauprojekte werden also in jedem Fall beeinflusst. Ein bestehendes Wegerecht kann beispielsweise den Standort eines zukünftigen Gebäudes auf dem Grundstück einschränken oder sogar verhindern, dass Baumaßnahmen überhaupt durchgeführt werden.
Auch beim Abstand zur Grundstücksgrenze oder zur Wegfläche kann das Wegerecht eine Rolle spielen. In einigen Fällen darf zum Beispiel kein Gebäude über dem Wegerecht errichtet werden, selbst wenn die baurechtlichen Abstände eingehalten würden. Denn das könnte als unzulässige Beeinträchtigung gewertet werden – insbesondere dann, wenn Anfahrt oder Zugang dadurch erschwert werden.
Kann Wegerecht erlöschen?
Ein einmal im Grundbuch eingetragenes Wegerecht gilt dauerhaftб unabhängig davon, wem die betroffenen Grundstücke gehören. Doch was, wenn das Wegerecht nicht mehr benötigt wird oder zu Streit führt? In bestimmten Fällen lässt es sich ändern oder sogar löschen – aber nicht im Alleingang.
Eine Löschung ist nur möglich, wenn beide Parteien zustimmen, also sowohl der Eigentümer des dienenden als auch des herrschenden Grundstücks. Die Einigung muss notariell beurkundet und anschließend im Grundbuch vollzogen werden. Dasselbe gilt, wenn die Nutzung geändert werden soll, etwa von einem Geh- in ein Fahrrecht.
Wichtig: Allein der Umstand, dass das Wegerecht längere Zeit nicht genutzt wurde, führt nicht automatisch zur Löschung. Zwar kann eine sogenannte „Verwirkung“ eintreten, wenn das Recht jahrzehntelang nicht in Anspruch genommen wurde, aber das ist rechtlich schwer durchzusetzen und kommt nur in Einzelfällen infrage.
Eine Änderung des Wegerechts kann sinnvoll sein, wenn:
- sich die baulichen Gegebenheiten geändert haben (z. neuer Zugang möglich),
- die Nutzung angepasst werden soll (z. zusätzlicher Fahrzeugverkehr),
- der genaue Verlauf des Wegs nicht mehr zeitgemäß oder praktikabel ist.
Was tun bei Konflikten um das Wegerecht?
- Gespräch suchen: Viele Streitigkeiten entstehen durch Missverständnisse. Ein klärendes Gespräch kann mehr bewirken als ein Anwaltsschreiben.
- Nutzung dokumentieren: Wenn das Wegerecht übermäßig oder nicht vereinbarungsgemäß genutzt wird, sollten Sie Beweise sichern, z. Fotos oder ein Protokoll.
- Grenzen prüfen: Ist die Nutzung nicht mehr zumutbar (z. gewerbliche Nutzung bei privatem Wegerecht), hilft eine rechtliche Prüfung durch eine Fachperson.
- Rechtsweg als letzte Option: Einstweilige Verfügung, Feststellungsklage oder Unterlassungsklage sind möglich, sollten aber das letzte Mittel sein.