Lehmhäuser gehören zu den ältesten Bauwerken der Menschheitsgeschichte. Bis in die frühesten Zivilisationen lässt sich die Verwendung dieses Baumaterials zurückverfolgen. So wurde bereits in der Jungsteinzeit Lehm mit Stroh und anderen Pflanzenfasern vermischt. Seit einigen Jahren erlebt der natürliche Baustoff Lehm eine Renaissance und immer mehr Bauherren interessieren sich für die ökologischen und ökonomischen Besonderheiten von Lehm.
Lehmbauten verstehen – Was ist Lehm?
Lehm ist ein natürlicher Bodenbestandteil, der aus einer Mischung von Ton, Schluff (Feinsand), Sand und kleinen Mengen an organischen Materialien wie Stroh oder Holzspänen besteht. Und dafür muss nicht von Hand gemischt werden. Dieser Vorgang passiert ganz natürlich fast überall auf der Welt durch die Verwitterung von Gesteinen. Der genaue Anteil der einzelnen Komponenten variiert, was zu unterschiedlichen Lehmsorten führt, die jeweils spezifische Eigenschaften aufweisen.
Bei einem hohen Wasseranteil ist Lehm feucht, plastisch und leicht formbar. Dann können Ziegel geformt, Platten gestampft oder Putz aufgetragen werden. Beim Austrocknen und -härten wird Lehm wieder fest und widerstandsfähig.
Vorteile von Lehm als Baustoff – Von Dämmung, Raumklima und regionaler Verfügbarkeit
Fangen wir mit den ökologischen Pluspunkten an, die auf der Hand liegen: Lehm ist ein natürlich vorkommender Rohstoff, der vielerorts auf der Erde verfügbar ist. Somit werden bereits automatisch Transportkosten gespart. Die Gewinnung und Verarbeitung von Lehm erfordert im Vergleich zu anderen Baumaterialien wie Beton oder Stahl nur einen geringen Energieaufwand.
Dass Lehm schon seit Jahrtausenden verwendet wird, liegt auch daran, dass er ein guter Wärmespeicher ist, also eine große Menge Wärmeenergie aufnehmen kann. Die langsame Freisetzung gespeicherter Temperatur verhindert ein Überhitzen der Räume im Sommer und ein schnelles Auskühlen im Winter. Auch auf die Luftfeuchtigkeit hat Lehm einen regulierenden Einfluss. So wird ein allumfänglich ausgeglichenes Raumklima geschaffen und zusätzlich die Energieeffizienz optimiert.
Darüber hinaus hat Lehm hervorragende Schallschutzeigenschaften, was zu einer ruhigeren und angenehmeren Wohnumgebung beiträgt. Er absorbiert Schallwellen effektiv und minimiert dadurch störende Geräusche von außen oder zwischen verschiedenen Räumen.
Und wer jetzt denkt, er bzw. sie müsse mit rustikalen, porösen und braunen Wänden eines Lehmhauses leben, um die Vorteile nutzen zu können, liegt weit daneben. Wer sich nicht von dem natürlichen Charme begeistern lässt, kann Lehm mit ganz anderen Augen kennenlernen. Durch moderne Techniken und Mischungen lässt sich Lehm so bearbeiten, dass er glatte, elegante und farbenfrohe Oberflächen bietet, die allen modernen ästhetischen Ansprüchen gerecht werden. Von polierten, minimalistischen Wänden bis hin zu kunstvoll strukturierten Flächen – Lehm bietet eine breite Palette an optischen Möglichkeiten für Ihr Eigenheim.
Brandschutz beim Lehmhaus
Besonders wenn es um den Brandschutz geht, überzeugt Lehm als äußerst sicherer mineralischer Baustoff. Denn er erfüllt die Anforderungen der Baustoffklasse A1, was bedeutet, dass er als nicht brennbar klassifiziert ist.
Der Schmelzpunkt von Lehm liegt je nach Tonanteil über 1.000 °C. Im Vergleich dazu beginnt Holz bei etwa 300 °C zu verkohlen und zu brennen, während Beton bei ca. 1.200 °C zu schmelzen anfängt. Falls es also einmal zu einem Brand kommen sollte, wird ein Lehmbau nicht nur nicht brennen, sondern auch keine Schadstoffe wie schädliche Gase oder Dämpfe freisetzen.
Bauen mit Lehm hilft gegen Feuchtigkeit, Bakterien und Schimmel
Grundsätzlich ist Lehm hygroskopisch und diffusionsoffen. Das heißt, dass er Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und wieder abgeben kann. So wird eine optimale Luftfeuchtigkeit auf einem Niveau zwischen 40 % und 60 % gehalten. Diese Atmungsaktivität verhindert auch, dass sich Feuchtigkeit in den Wänden ansammelt und dieser typische Nährboden für Schimmel gar nicht erst entsteht.
Lehm ist also ein natürlicher Feuchtigkeitspuffer. Wenn beispielsweise geduscht oder gekocht wird, nehmen Lehmwände die überschüssige Feuchtigkeit auf und geben sie wieder an die Raumluft ab, wenn die Luftfeuchtigkeit sinkt. Dadurch wird das Risiko von Kondensation und damit von Schimmelbildung erheblich reduziert.
Und noch eine Eigenschaft trägt dazu bei, Schimmelbildung zu verhindern: Lehm hat natürliche antibakterielle Eigenschaften. Bestimmte Mineralien im Lehm, wie Kaolinit und Montmorillonit, können das Wachstum von Bakterien und Schimmelpilzen hemmen.
In Bereichen, die besonders anfällig für Feuchtigkeit sind, kann Lehm mit Kalk kombiniert werden. Kalk hat ebenfalls feuchtigkeitsregulierende und schimmelhemmende Eigenschaften. Ein Putz aus einer Mischung von Lehm und Kalk kann die Vorteile beider Materialien kombinieren und so einen noch besseren Schutz vor Schimmel bieten.
Verwendung von Lehm beim Hausbau
Unter einem Lehmhaus stellen sich wohl die meisten zunächst eine rustikale, braune Hütte vor. Allerdings sind Lehmbaustoffe in den letzten Jahren immer vielseitiger geworden.
- Lehmsteine als Alternative zum klassischen Ziegel
Lehmsteine sind eine der traditionellsten Formen, in denen Lehm als Baumaterial verwendet wird. Sie werden durch das Pressen von feuchtem Lehm in Formen und anschließendes Trocknen hergestellt. Die so hergestellten Lehmziegel oder Lehmbausteine sind ideal für den Bau von tragenden Wänden oder als Ergänzung zu anderen Baumaterialien. Sogar der Mörtel kann bei dieser Bauweise aus Lehm bestehen. - Stampflehm
Eine Alternative zu einzelnen Lehmziegeln ist Stampflehm. Bei dieser Technik wird feuchter Lehm direkt in Schichten in eine Schalung eingebracht, verdichtet und meist luftgetrocknet. Stampflehmbau erzeugt massive, tragfähige Wände mit einer charakteristischen, gestreiften Optik. Sie sind extrem langlebig und bieten eine hervorragende Wärmespeicherung. Wer von einem Wohnhaus mit einzigartigem, natürlichem Charakter träumt und die Energieeffizienz nicht Außeracht lassen möchte, ist beim Stampflehmbau genau richtig. - Lehmbauplatten für Trockenbau
Lehmbauplatten sind vorgefertigte Platten, die aus einer Mischung von Lehm, Sand und natürlichen Fasern bestehen. Diese Platten sind besonders vielseitig einsetzbar und eignen sich für den Innenausbau Ihres Hauses. Sie können als Wand- und Deckenverkleidungen verwendet werden und bieten nicht nur gute Wärmedämmung, sondern auch eine hohe Schalldämmung. Lehmbauplatten sind einfach zu montieren und können bei Bedarf auch wieder demontiert und recycelt werden. - Lehmputz
Lehmputz ist eine weitere gängige Anwendung von Lehm im modernen Hausbau. Er kann sowohl innen als auch auf Außenwänden aufgetragen werden und bietet eine Vielzahl von gestalterischen Möglichkeiten. Lehmputz ist in unterschiedlichen Farben und Texturen erhältlich und kann sowohl glatt als auch strukturiert aufgetragen werden. Durch seine feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften trägt Lehmputz zu einem gesunden Raumklima bei und verhindert die Bildung von Schimmel. Zudem ist er leicht zu reparieren und kann jederzeit überarbeitet bzw. ausgebessert werden, falls es einmal zu einer Rissbildung kommen sollte. - Leichtlehm
Leichtlehm ist eine Mischung aus Lehm und Stroh oder anderen leichten Zuschlägen wie Holzspänen oder Blähton. Diese Kombination ergibt ein Material, das gute Wärmedämmeigenschaften besitzt und gleichzeitig leicht und einfach zu verarbeiten ist. Leichtlehm wird häufig für den Bau von nicht tragenden Innenwänden, Decken oder als Dämmmaterial beim nachhaltigen Hausbau verwendet. - Lehmfarben
Lehmfarben sind natürliche Anstriche, die aus Lehm und Pigmenten hergestellt werden. Sie sind umweltfreundlich, schadstofffrei und bieten eine natürliche Ästhetik. Lehmfarben können auf verschiedenen Untergründen angewendet werden. Da sie atmungsaktiv sind und das Raumklima positiv beeinflussen, sind sie gut für die Gestaltung von Innenräumen zu verwenden.
Ob nun also ein ganzes Haus aus Lehm gebaut wird, lediglich einige Wände gemauert werden oder die Sanierung eines Fachwerkhauses ansteht: Lehm hat als Baustoff mit seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten für all diese Gelegenheiten seine Vorteile.
Historisches Haus aus Lehm – Baustoffe von Fachwerkhäusern
Bei Fachwerkhäusern wird ein Holzgerüst mit Gefachen (oft aus Lehm) kombiniert. Diese Bauweise war besonders in Mitteleuropa weit verbreitet und viele dieser Häuser stehen seit Jahrhunderten. Der Lehm in den Gefachen spielt eine wesentliche Rolle bei der Stabilität und dem Raumklima dieser häufig denkmalgeschützten Gebäude.
Das Sanieren oder Restaurieren von Lehm in Fachwerkhäusern erfordert spezifische Techniken, um die historische Substanz zu bewahren und die Funktionalität zu gewährleisten. Wenn Sie ein altes Haus kaufen oder bereits besitzen, dann starten Sie also nicht überstürzt mit der Eigenleistung. Ein Architekt, der sich mit solchen Bauten auskennt, kann sehr hilfreiche Tipps geben.
Wichtig zu wissen
Bei Lehmhäusern handelt es sich um sogenannte Sonderbauweisen. Erwähnen Sie im Zuge Ihrer Baufinanzierungsberatung unbedingt von Anfang an, dass es sich bei Ihrem Bauvorhaben um ein Lehmhaus handelt. Denn nicht jeder Produktanbieter begleitet Finanzierungen solcher Sonderbauweisen. Eine offene Kommunikation von Anfang an hilft, direkt den richtigen Finanzierungspartner für Ihr Lehmhaus zu finden.