Versteckte Mängel beim Hauskauf sind der Alptraum eines jeden Käufers. Tatsächlich können hinter frischer Farbe, geschönten Exposés oder verlockend niedrigen Preisen teure Überraschungen lauern. Mit unseren Insider-Tipps erkennen Sie typische Red Flags beim Immobilienkauf auf den ersten Blick.
Warnsignale beim Hauskauf im Schnelldurchlauf
- Ein zu niedriger Preis, monatelang gleiche Inserate und auffälliges Verhalten des Maklers sollten immer stutzig machen.
- Auch oberflächliche Renovierungen, muffiger Geruch oder Probleme in der Eigentümergemeinschaft sind klare Red Flags.
- Wer kritisch hinschaut, die richtigen Fragen stellt und sich nicht unter Druck setzen lässt, erkennt die meisten Warnsignale rechtzeitig.
1. Ungewöhnlich niedriger Kaufpreis
Ein auffällig niedriger Kaufpreis, der unter dem regionalen Durchschnitt liegt, sollte sofort die Alarmglocken klingeln lassen. Was wie ein Schnäppchen aussieht, kann sich schnell als Kostenfalle entpuppen. Suchen Sie nach dem Haken: Verborgene Bauschäden, Sanierungsstau oder rechtliche Einschränkungen wie Erbpacht oder Baulasten können Grund für den kleinen Preis sein.
Unser Tipp: Vergleichen Sie die Bodenrichtwerte, studieren Sie ähnliche Objekte und werfen Sie einen Blick ins Grundbuch. So finden Sie heraus, ob der Preis gerechtfertigt ist oder ob jemand seine Problemimmobilie loswerden will.
2. Immobilie hängt zu lange in den Portalen
Wenn ein Haus oder eine Wohnung monatelang auf Immobilienportalen steht, dann gibt es meistens einen Grund dafür, dass niemand zugreift: vielleicht Asbest im Fertighaus aus den 70-ern, Feuchtigkeit im Gebäude oder ein Haus mit Nießbrauch, das praktisch unkündbar ist.
Faustregel: Gute Immobilien verschwinden relativ schnell vom Markt. Alles, was ungewöhnlich lange online bleibt oder immer wieder neu hochgeladen wird, sollten Sie kritisch hinterfragen.
Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Artikel Wie Sie die häufigsten Fehler beim Hauskauf vermeiden!
3. Muffiger Geruch im Haus
Ein modriger Geruch oder Stockflecken in den Ecken sind klare Warnsignale. Um Spuren von Wasserschäden, Feuchtigkeit und Schimmel zu überdecken, werden Wände und Decken gern überstrichen oder sogar hinter Vertäfelungen oder modisch wirkenden Paneelen versteckt. Doch Schimmel und Feuchtigkeit kommen garantiert zurück und ziehen teure Sanierungen nach sich. Achten Sie deshalb auf aufgequollenes Holz, abblätternde Tapeten oder frische Farbe an verdächtigen Stellen.
Tipp: Nehmen Sie sich Zeit bei der Hausbesichtigung, fragen Sie nach, ob Sie mal einen Blick hinter Türen und in Schränke werfen dürfen und verlassen Sie sich auch auf Ihre Nase. Wer’s ganz genau wissen will, nimmt ein Feuchtigkeitsmessgerät mit. Schon günstige Modelle zeigen zuverlässig an, ob die Wände zu viel Wasser ziehen. Laden Sie einen Gutachter ein – das kostet zwar je nach Leistung um die 400 bis 700 €, erspart aber im Zweifel Sanierungen im fünfstelligen Bereich.
4. Oberflächliche Renovierung statt echter Sanierung
Frisch gestrichene Wände, neue Fliesen im Bad oder ein moderner Bodenbelag lassen eine Immobilie wie neu wirken. Doch es kann sein, dass nur an der Oberfläche gearbeitet wurde, während die eigentlichen Schwachstellen unangetastet bleiben – alte Leitungen, schlechte Dämmung oder eine veraltete Heizungsanlage. Auch professionelles Home Staging kann trügen: Möbel, Deko und Licht rücken die Immobilie ins rechte Licht, sagen aber nichts über Bausubstanz und Technik.
Fragen Sie deshalb immer nach: Was genau wurde wann saniert? Lassen Sie sich Rechnungen und Nachweise zeigen, um eine kosmetische Renovierung von einer echten Modernisierung zu unterscheiden.
GEG 2024 – Pflichten für Käufer
Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) 2024 gelten für Käufer Sanierungspflichten: Nach dem Eigentumswechsel müssen bestimmte energetische Mindeststandards innerhalb von 2 Jahren erfüllt werden. Das betrifft folgende Maßnahmen:
- Dachdämmung bzw. Dämmung der obersten Geschossdecke,
- Dämmung von Heizungs- und Warmwasserrohren,
- Austausch alter Öl- oder Gasheizungen.
Wer ein älteres Haus kauft, sollte deshalb in Erfahrung bringen, welche Sanierungen verpflichtend anstehen und die Kosten dafür von Anfang an in die Kalkulation einbeziehen. Ein aktueller Energieausweis muss beim Kauf vorliegen. Außerdem sollte im Kaufvertrag festgehalten werden, dass die Immobilie die aktuellen GEG-Vorgaben erfüllt oder welche Maßnahmen noch fällig sind.
5. Auffälliges Verkäufer- oder Maklerverhalten
Auch das Verhalten von Verkäufer oder Makler kann viel verraten:
- Werden Fragen ausweichend beantwortet und Unterlagen nur zögerlich herausgegeben, ist Vorsicht geboten.
- Seien Sie skeptisch, wenn Sie einen gewissen Druck verspüren und Sätze wie „Es gibt viele Interessenten, Sie müssen sich schnell entscheiden“ hören.
- Werden Besichtigungen nur spät abends angeboten oder nur auf bestimmte Räume beschränkt, kann das ein Hinweis darauf sein, dass Mängel verschleiert werden.
- Wenn der Makler auffällig viel und laut redet, dient das möglicherweise dazu, von der Hellhörigkeit abzulenken.
- Duftkerzen, offene Fenster mit Durchzug oder Musik im Hintergrund sollen weniger für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgen, sondern vielmehr unangenehme Gerüche oder Lärm kaschieren.
Hier gilt: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser. Erkunden Sie die Gegend zu unterschiedlichen Tageszeiten, sprechen Sie mit den Nachbarn und seien Sie bei der Besichtigung nicht aus falsch verstandener Höflichkeit zurückhaltend. Sie dürfen alles anfassen, aufschließen, austesten, aufdrehen und einschalten.
6. Ungepflegte Gemeinschaftsanlagen
Beim Kauf einer Eigentumswohnung reicht es nicht, nur die eigene Einheit anzusehen. Laufen Sie auch durch die Flure und Keller, inspizieren Sie den Fahrradraum und den Müllplatz. Ein gepflegtes Treppenhaus mit funktionierender Beleuchtung, sauberen Briefkästen und einem aktiven Hausmeister spricht für eine verantwortungsbewusste Eigentümergemeinschaft.
Finden Sie stattdessen einen ungepflegten Gemeinschaftsgarten, Berge von Schuhen vor den Wohnungen, überquellende Keller, verklebte Klingelschilder und defekte Lampen, sollten Sie hellhörig werden. Solche Details zeigen, wie ernst die Hausgemeinschaft ihre Pflichten nimmt und ob Sie sich hier auf Dauer wohlfühlen.
7. Fragwürdige WEG-Beschlüsse
Sie möchten eine Eigentumswohnung kaufen? Dann sind die Protokolle der letzten Eigentümerversammlungen für Sie Pflichtlektüre. Teure Sanierungen wie eine neue Heizungsanlage, eine Fassadenerneuerung oder Dacharbeiten können längst beschlossen sein, ohne dass entsprechende Rücklagen vorhanden sind. In diesem Fall müssen neue Eigentümer kräftig nachzahlen. Auch Dauerstreitthemen, widersprüchliche Beschlüsse oder vertagte Entscheidungen sind Warnsignale: Sie deuten auf eine zerstrittene Eigentümergemeinschaft oder schlechte Planung hin.
Unsere Tipps: Lassen Sie sich alle Protokolle und Beschlüsse vollständig aushändigen und von einem Fachanwalt prüfen – das ist gut investiertes Geld. Sprechen Sie außerdem mit ein oder zwei Miteigentümern, am besten ohne den Makler. So erfahren Sie, was hinter den Kulissen wirklich passiert.
WEG-Reform 2020: Das sollten Käufer wissen
Seit dem 1. Dezember 2020 gilt das reformierte Wohnungseigentumsgesetz (WEG):
- Eigentümerversammlungen sind immer beschlussfähig, egal wie viele Miteigentümer anwesend sind.
- Umlaufbeschlüsse per Textform lassen sich einfacher fassen.
- Für bauliche Veränderungen reicht eine einfache Mehrheit. Das heißt: Auch größere Sanierungsmaßnahmen können schneller beschlossen werden (mitunter gegen den Willen einzelner Eigentümer).
Für Käufer ist das wichtig: Die Protokolle der Eigentümerversammlungen verraten heute mehr denn je über künftige Kosten und Maßnahmen. Prüfen Sie sie daher genau, vor allem im Hinblick auf mögliche finanzielle Verpflichtungen nach § 21 Abs. 3 WEG.
Neu ist außerdem die Möglichkeit der Online-Teilnahme. Das macht Abläufe flexibler, birgt aber auch neue Herausforderungen. Wer nicht aktiv mitliest oder Protokolle konsequent verfolgt, kann leicht wichtige Entscheidungen verpassen.
8. Offene Baugenehmigungen und Schwarzbauten
Anbauten ohne Baugenehmigung, nicht eingetragene Wintergärten oder ein „inoffiziell“ ausgebaute Dachböden sind absolute Red Flags. Solche Schwarzbauten müssen im schlimmsten Fall zurückgebaut werden. Auch Umbauten aus den 70er- oder 80er-Jahren sind nicht automatisch genehmigt, nur weil sie seit Jahrzehnten bestehen. Kontrollieren Sie daher immer die Bauunterlagen und gleichen Sie sie mit der Immobilie ab.
Zusätzlich lohnt sich ein Blick auf den Zustand von Eigenleistungen des Vorbesitzers: Wurde fachmännisch gearbeitet oder mit billigen Materialien improvisiert? Lieblos verlegte Fliesen, ein verbauter Schaltkasten und unsauber gezogene Silikonfugen können auf weitere schlampige Arbeiten hinweisen, die später für Ausgaben sorgen.
9. Individuelle Bauelemente und Sonderkonstruktionen
Eine ausgefallene Architektur wirkt auf den ersten Blick charmant, kann aber auch zum Problem werden. Maßgefertigte Fenster, Türen, Treppen usw. lassen sich nicht einfach im Baumarkt nachkaufen. Ersatzteile müssen individuell angefertigt werden, was automatisch ins Geld geht.
Auch bei besonderen Dachformen oder ungewöhnlichen Grundrissen können spezielle Maßnahmen nötig sein, die die Handwerkerpreise in die Höhe treiben. Wer eine Immobilie mit besonders kreativen Elementen ins Auge fasst, sollte vor dem Kauf Angebote für Austausch und Instandsetzung einholen.
10. Geplante Veränderungen im Umfeld
Eine ruhige Lage heute garantiert keine Ruhe morgen. Geplante Bahntrassen, neue Schnellstraßen oder wachsende Gewerbegebiete können Ihre Lebensqualität massiv beeinträchtigen – und den Immobilienwert drücken. Auch kleinere Projekte verändern die Umgebung: Wird etwa direkt nebenan eine neue Grundschule, ein Supermarkt oder eine Sportanlage gebaut, dann nehmen sowohl Straßen- als auch Publikumsverkehr sowie der Geräuschpegel zu. Die einen freut eine neue Infrastruktur vielleicht, für andere kann sie schnell zum Störfaktor werden.
Tipp: Prüfen Sie Bebauungspläne, Flächennutzungspläne und Projektankündigungen der Kommune (online über das Geoportal der Stadt oder Gemeinde). Öffentliche Beteiligungsverfahren geben Aufschluss über künftige Veränderungen in der Umgebung. Auch Hochwasserzonen oder Gebiete mit steigendem Grundwasser sind ein ernstzunehmendes Risiko – besonders in Regionen, die häufiger von Starkregen betroffen sind. Ein Blick auf Karten zu Lärm- und Hochwassergefahren lohnt sich.
Fazit: Warnsignale beim Immobilienerwerb ernst nehmen
Beim Immobilienkauf entscheiden nicht nur Lage, Grundriss und Preis. Wer die typischen Red Flags kennt, spart sich später viel Ärger und Geld.
- Achten Sie auf Ihr Bauchgefühl und lassen Sie sich nicht von Showeffekten einlullen – wenn die Umgebung „komisch“ wirkt, steckt oft etwas dahinter.
- Sprechen Sie unbedingt mit den Nachbarn. So erfahren Sie, ob es ungelöste Streitigkeiten über Grundstücksgrenzen, Lärm oder alte Feindseligkeiten gibt, die Sie mit dem Kauf womöglich miterben.
- Am Ende gilt: Wer gründlich prüft, kritisch nachfragt und sich nicht unter Druck setzen lässt, erkennt Problemimmobilien, bevor sie zum teuren Eigentor werden.